Hallo ihr Lieben,

während ich diesen Post schreibe ist es 23:33 Uhr an einem Freitagabend. Ich unterhalte mich nebenbei mit einer Freundin und denke über die vergangene Woche nach. Es war eine anstrengende Woche. Zum ersten Mal seit langer Zeit, bin ich froh, das Wochenende ist. Als Mutter und Hausfrau zieht die Woche mehr oder weniger an mir vorbei, ohne dass ich großartig mitkriege, welcher Tag nun ist. Natürlich weiß ich, wann mein Kind zur Schule muss, wann mein Mann arbeiten ist, wann Judo ansteht und so weiter und so fort. Aber das Gefühl von “Oh mein Gott, endlich Wochenende!” habe ich relativ selten. Mein Alltag ist entspannt, Hausarbeit eben. Wenn ich täglich etwas mache, dann wird es nie so schlimm, dass es mehrere Stunden braucht.

Dann kam diese Woche… Die erste Woche nach den Osterferien. Es war der Wurm drin. Schlechte Nachrichten rechts und links. Ich hätte mir denken können, dass es eigentlich noch schlimmer kommen kann, aber das will man selber nicht wahr haben. Tja, es kam schlimmer. Es kam schlimm für eine Mutter, die eigentlich der Meinung war, dass ihr doch recht selbstbewusstes Kind gut zurecht kommt, dass alles in Ordnung ist. Es gab keine Beschwerden. Nicht wirklich. Hier und da ein Streit mit der besten Freundin oder jemand wollte nicht mit ihr spielen. Das kommt bei Kindern in der 1. Klasse schon mal vor. Nichts Weltbewegendes. Nichts, was nicht am nächsten Tag vergessen ist.

Tja, denkste. All diese kleinen Problemchen, die sonst wirklich am nächsten Tag weg sind, weil die Freundschaft wieder existiert und die Person doch wieder mit meiner Tochter spielen wollte, wurden zu einem riesen großen Weinanfall.

Schock pur – mein Kind hat Angst vor der Schule

Sein eigenes Kind weinen zu sehen ist immer schwer, aber in diesem Fall wusste ich nicht mal WARUM mein Kind weint. Sie weint weil sie Angst hat, Angst in die Schule zu gehen. Nicht, weil ihr irgendwer gedroht hat oder sie gemobbt wird. Sie hat Angst zu versagen. Glaubt mir, während ich diese Zeilen tippe, stehen mir Tränen in den Augen.

Meine 6 jährige Tochter, die die erste Klasse der Grundschule besucht, hat Angst zu Versagen. Und ich weiß absolut nicht, wie ich ihr helfen kann.

Schule und Angst

Ihre Tests sind eigentlich vollkommen okay. Sie sind gut. Es gibt lachende Smileys. Es gibt welche mit Krönchen oben drauf. Ihre Hefte sind soweit auch ausgefüllt. Sie hinkt also nicht zig Seiten hinterher. Sie kann lesen und schreiben. Sie kann rechnen. Sie scheint alles zu verstehen, was sie verstehen sollte, trotzdem hat sie Angst.

Sie hat Angst davor, dass ihrer Lehrerin meckert, wenn ich mal sage, sie solle doch bitte eine extra Seite im Deutschheft machen, damit wir am Freitag nicht wieder 3 Seiten machen müssen, sondern nur 2. Sie hat Angst, dass ihre Tests schlecht sind. Sie hat Angst, weil sie noch bei dem 4. Deutschheft ist anstatt, wie die Hälfte ihrer Klasse, bei dem 5.

All diese Angst ist – laut ihrer Lehrerin – unbegründet. Sie arbeitet gut mit, verhält sich an den meisten Tagen gut und arbeitet recht schnell. Klar hat sie ab und an so Tage, wo sie gar nicht arbeitet und keine Lust hat. Das hat ja jeder mal. Aber das kam schon länger nicht mehr vor. Diese Woche lief super in der Schule – sagt die Lehrerin. Trotzdem kam mein Kind Donnerstagnacht zu mir ins Bett, wollte kuscheln und einfach nicht alleine sein. Es war ein anstrengender Donnerstag. Sie hat bei den Hausaufgaben geweint. Sie hat abends geweint, als mein Mann und ich uns mit ihr unterhalten haben. Es war einfach kein guter Tag. Für keinen von uns.

Wir reden hier von der 1. Klasse. Nicht von der 5. Klasse. Nicht vom Abitur. Von der 1. Klasse! Mir ist klar, dass die Kids nun lernen müssen wie man liest, schreibt und rechnet. Dazu kommt Sachunterricht und mittlerweile auch Englisch. Ich kann euch ehrlich gesagt gar nicht sagen, wie unglaublich froh ich bin, dass Englisch bei uns Familiensprache ist und sie es nicht nochmal von ganz vorne lernen muss. Aber dieser Druck… Dieser Druck der auf ihr lastet ist der Wahnsinn.

Ich weiß nicht, ob das in anderen Schulen auch so ist. Wir haben kein Wochenende… Da müssen dann immer 3-5 Seiten im Deutschheft aufgearbeitet werden, weil diese unter der Woche nicht geschafft wurden. Wir haben auch keine Ferien. Da werden nämlich die beiden Mathearbeitshefte aufgearbeitet. Über Weihnachten waren das ganze 18 Seiten.

Dieses Pensum, was an unserer Grundschule herrscht scheint mir enorm. Ich fühle mich absolut hilflos. Mein sonst so selbstbewusstes Kind, ist nicht mehr selbstbewusst. Sie will morgens nicht wirklich aus dem Bett kommen und in die Schule  gehen. Sie ist überempfindlich was Freundschaften angeht und wie man mit ihr redet. Erklärungen und Hilfestellungen fasst sie ab und an doch mal als Anschreien auf… Weil sie denkt, dass der Mitschüler denkt, sie wäre nicht schlau genug, um es selber zu verstehen.

Die Ferien sind gerade mal eine Woche vorbei und es wurden schon zwei Tests geschrieben. Mathe und Deutsch stehen noch aus.

Wieso fühle ich mich so hilflos?

Ich habe lange Gespräche mit der Lehrerin meiner Tochter geführt. Nur irgendwie finden wir beide einfach keine Lösung, denn wie gesagt… Sie arbeitet gut mit und die Tests sind auch gut. Mein Mann und ich bestärken sie beide darin, dass sie ihre Sache wirklich gut macht, dass wir stolz auf sie sind. Trotzdem weint mein Kind. Trotzdem geht es ihr nicht gut.

Wenn es ihr jetzt schon nicht gut geht… Was ist dann erst, wenn sie auf der weiterführenden Schule ist? Da fingen bei mir die Probleme erst an. Neue Fächer, die mich nicht interessierten und die ich bis heute nicht verstanden habe. Mobbing. Es gab für mich viele Probleme auf der Realschule. Es macht mir einfach Angst.

Es scheint ein extremer Leistungsdruck auf meinem Kind zu lasten. Er geht nicht von mir aus, denn ich bin zufrieden mit ihrer Arbeit. Ich kenne sie. Ich weiß, wie sie ist und wann sie einen schlechten Schultag haben wird. Ich erwarte nicht bei jedem Test einen Smiley mit Krönchen. Ich erwarte das eigentlich bei keinem Test.

Ich helfe wo ich kann. Wir lesen zusammen. Sie kann die Einkaufsliste schreiben, wenn sie das möchte. Ich erkläre ihr, was welche Geldmünze bedeutet und wie man rechnet. Ich versuche sie zu unterstützen, zu bestärken und ihr Selbstbewusstsein zu bewahren. Aber in dieser Woche… Habe ich einfach nur versagt.

Geht es nur mir so? Wie sind eure Erfahrungen mit der Grundschule und der 1. Klasse eurer Kinder?
Wie geht ihr damit um und habt ihr irgendeinen Rat für mich?