
»Ich habe das Geheimnis der drei Bilder entschlüsselt. Welches Leid du ertragen musstest, kann ich nicht ermessen. Wie schwer die Schuld wiegt, die du auf dich geladen hast, ist mir nicht klar. Ich kann dir nicht vergeben. Doch ich werde dich immer lieben.«
Ein bewegender Blogeintrag mit Zeichnungen, die viele Rätsel aufgeben. Eine Kinderzeichnung mit einem seltsamen Haus darauf. Die letzten Skizzen eines Zeichenlehrers, der unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist. Hängen alle diese Bilder zusammen? Zumal immer wieder Menschen sterben, die mit ihnen zu tun haben? Zwei Journalisten kommen dem Geheimnis auf die Spur. Kurz darauf ist einer von ihnen tot...

Fremdartige Kunst – reizvoll und herausfordernd
Seltsame Bilder von Uketsu präsentiert sich als ungewöhnliches Werk, das klassische Erzählformen bewusst verlässt. Statt eines linearen Romans erhalten die Lesenden eine Collage aus Zeichnungen, Blogeinträgen und Fragmenten, die sofort Neugier weckt. Die Illustrationen sind atmosphärisch dicht und teilweise verstörend, regen aber stark zum Interpretieren an. Dadurch entsteht eine intensive Bildsprache, die viele Rätsel aufwirft und zugleich eine besondere Atmosphäre erzeugt.
Allerdings verlangt das Buch ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Offenheit. Wer eine klar strukturierte Handlung erwartet, könnte an den fragmentarischen Szenen etwas Geduld verlieren. Für jene, die bereit sind, sich auf ein Puzzle einzulassen, eröffnet sich jedoch ein spannendes Experiment zwischen Literatur und Kunst.
Figuren und Erzählverlauf – zwischen Fragment und Ganzem
Die Figuren wirken zunächst eher blass, weil sie nicht wie klassische Protagonisten agieren. Stattdessen erscheinen sie als Teil einer größeren Konstruktion, die das Rätsel in den Mittelpunkt stellt. Diese Distanz kann die emotionale Nähe erschweren, trägt jedoch dazu bei, dass das Buch mehr als Erlebnis angelegt ist denn als konventionelle Geschichte.

Die Andeutungen, die Uketsu setzt, laden zum Miträtseln ein. Manchmal bleibt der Weg zum Verständnis bewusst vage, sodass Geduld gefragt ist. Gegen Ende werden viele Fäden zusammengeführt, was den Eindruck einer geplanten Gesamtstruktur vermittelt – auch wenn nicht alle Antworten restlos befriedigen. Gerade diese Mischung aus Klarheit und Unklarheit macht den Reiz für Leser:innen aus, die Freude an offenen Narrativen haben.
Stil, Tempo – ein Experiment mit Wirkung
Der Stil ist nüchtern, fast dokumentarisch, was im Kontrast zu den bizarren Illustrationen steht. Diese Spannung verstärkt die Spannung des Leseerlebnisses und unterstreicht den Anspruch, mehr zu sein als bloße Unterhaltung. Manche Passagen wirken langsamer, doch genau dieses entschleunigte Tempo eröffnet Raum für Details und Interpretationen.
Die Illustrationen schwanken zwischen subtilen Skizzen und starken Bildmotiven, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Auch wenn nicht jedes Bild die gleiche Wirkung erzielt, ist der visuelle Anteil integraler Bestandteil der Erzählung. Wer bereit ist, sich auf diese ungewöhnliche Kombination einzulassen, entdeckt eine Art interaktives Rätsel, das Literatur und Kunst eng miteinander verknüpft.

Fazit
Seltsame Bilder ist ein Experiment, das sich nicht leicht einordnen lässt. Es fordert heraus, es verwirrt, und es eröffnet neue Perspektiven auf das Zusammenspiel von Text und Bild. Wer klassische Spannungsliteratur sucht, könnte sich schwertun. Doch für Leser mit Sinn für ungewöhnliche Formate, visuellen Anspruch und das Vergnügen am offenen Erzählen ist es ein Werk, das sowohl irritiert als auch fasziniert.