
Als die Kinder aus dem Haus sind, beendet Jenni Mäki die unglückliche Ehe mit Jussi, ändert ihren Namen und bricht endlich aus dem Leben aus, das für sie vorgesehen war: Als Jenny Hill fängt sie noch einmal von vorn an. Ein Chor weiblicher Märchenfiguren begleitet sie dabei und kommentiert voller Scharfsinn die Absurdität der Ansprüche, denen Frauen in unserer Welt immer noch gerecht werden sollen.
Ein starker Roman über das Älterwerden als Frau und darüber, dass es nie zu spät ist, den eigenen Weg zu finden – in Finnland als feministisches Manifest gefeiert.

Ein mutiger Neuanfang
In „Zwischen zwei Leben“ erzählt Minna Rytisalo die Geschichte von Jenni Mäki, die nach vielen Jahren des Anpassens und Aushaltens endlich den Mut fasst, ihr Leben selbst zu gestalten. Als die Kinder aus dem Haus sind, verlässt sie ihren Ehemann, bricht mit ihrer Vergangenheit und nennt sich fortan Jenny Hill. Dieser Schritt ist nicht nur ein äußerlicher Wandel, sondern auch ein innerer Befreiungsschlag. Rytisalo beschreibt diesen Prozess mit viel Feingefühl und einer leisen, aber klaren feministischen Botschaft.
Begleitet wird Jenny Hill auf ihrem Weg von einem ungewöhnlichen Chor: weibliche Figuren aus Märchen, die ihr Leben lang als Projektionsflächen für gesellschaftliche Erwartungen dienten, kommentieren ihre Entscheidungen. Diese originelle Erzählperspektive verleiht dem Roman eine humorvolle, manchmal ironische Note und öffnet gleichzeitig den Blick für die Absurditäten, denen Frauen immer noch ausgesetzt sind.
Zwischen Märchenwelt und Realität
Der Chor der Märchenfiguren ist weit mehr als ein literarischer Kunstgriff. Schneewittchen, Dornröschen & Co. sind hier nicht passive Prinzessinnen, sondern wache, kluge Stimmen, die die gesellschaftlichen Rollenbilder hinterfragen. Sie begleiten Jenny Hill auf ihrer Suche nach Freiheit und Selbstverwirklichung, reflektieren über die Zwänge des Alltags und entlarven die vielen subtilen Anforderungen, denen Frauen tagtäglich begegnen.

Rytisalo gelingt es, das ernste Thema des Älterwerdens und der weiblichen Autonomie mit Leichtigkeit und Tiefgang zugleich zu erzählen. Jenny Hill ist keine Heldin im klassischen Sinn – sie zweifelt, scheitert, kämpft, steht wieder auf. Gerade in ihrer Unvollkommenheit wirkt sie so authentisch und nahbar.
Die Sprache des Romans ist klar, poetisch und zugleich alltagsnah. Rytisalo schafft es, existenzielle Themen wie Identität, Freiheit und Neuanfang in einem Ton zu erzählen, der berührt, ohne pathetisch zu werden.
Ein feministisches Manifest mit Herz
„Zwischen zwei Leben“ ist ein feministischer Roman, der nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Herz und Verstand erzählt wird. Er macht Mut, sich selbst neu zu entdecken, egal in welchem Lebensabschnitt. Rytisalo zeigt Älterwerden bedeutet nicht Stillstand, sondern kann ein Aufbruch sein. Jenny Hills Geschichte ist universell, weil sie die Frage stellt, die viele Menschen bewegt. Lebe ich das Leben, das ich wirklich will?
Der Chor der Märchenfiguren verleiht dem Roman einen besonderen Zauber, der ihn von anderen Büchern über Neuanfänge unterscheidet. Gleichzeitig bleibt der Text fest in der Realität verankert. In den Herausforderungen, die Jenny Hill meistert, erkennt man die gesellschaftlichen Strukturen wieder, die Frauen immer noch einschränken.
Rytisalo schreibt warmherzig, humorvoll und klug. Ihr Roman ist ein Plädoyer für den Mut, sich selbst ernst zu nehmen, den eigenen Weg zu suchen und ihn auch zu gehen.
Fazit
„Zwischen zwei Leben“ ist ein inspirierender Roman über Freiheit, Mut und die Kraft des Neuanfangs. Minna Rytisalo verbindet gesellschaftliche Kritik mit literarischer Leichtigkeit und schafft so ein vielschichtiges, berührendes Werk. Ein Buch, das zeigt, es ist nie zu spät, das eigene Leben in die Hand zu nehmen.